So ungeliebt das Pendeln oftmals auch sein mag: Einsparungen von bis zu 63 Prozent beim Kauf eines Eigenheims lassen aufhorchen – wenn man denn bereit ist, eine Stunde zum Arbeitsplatz in der Großstadt zu pendeln. Wir beleuchten die aktuelle Situation und untersuchen Vor- und Nachteile des Konzeptes.
Ein Blick ins Umland kann sich lohnen.
Dass sich durch einen Umzug in den sogenannten Speckgürtel oder das erweiterte Umland von Großstädten Geld sparen lässt, ist bekannt. Weniger geläufig ist jedoch, wie drastisch sich die Kaufpreise mancherorts reduzieren können. Die aktuelle Marktanalyse des Portals Immowelt untersucht Angebotspreise von Einfamilienhäusern in den 14 größten deutschen Städten samt Umland und geht dabei auch auf die beträchtlichen regionalen Unterschiede ein.
Am geringsten fällt die Ersparnis in Berlin aus, denn wegen der sehr ausgedehnten Fläche der Hauptstadt befinden sich viele Gebiete, bei denen eine einstündige Pendelzeit einkalkuliert werden muss, noch innerhalb oder nahe der Stadtgrenzen, sodass hier bestenfalls 22 Prozent eingespart werden können. Da lohnt sich dann sogar eher die Zone mit einer 45-minütigen Pendelzeit, in der immerhin noch 19 Prozent Ersparnis machbar sind.
Etwas günstiger kauft man im Umland von Bremen (29 Prozent) und im Ruhrgebiet rund um Dortmund (32 Prozent) und Essen mit immerhin bereits 38 Prozent.
Die größten Einsparungen sind um Dresden (63 Prozent) und Leipzig (61 Prozent) realisierbar. Jedoch auch in Köln (57 Prozent), Düsseldorf (56 Prozent), Hannover (53 Prozent) und Stuttgart (51 Prozent) können Immobilien im innerhalb einer Stunde erreichbaren Umland eine interessante Alternative darstellen.
Sogar in München als teuerster deutscher Großstadt sind trotz der touristischen Attraktivität des Alpenvorlandes mit einer einstündigen Pendelzeit noch 44 Prozent machbar – wer jedoch nur eine Dreiviertelstunde pendeln möchte, muss mit mageren 18 Prozent Einsparung leben.
Apropos teuer – und weil obige Prozentangaben die eigentlichen Preise nicht widerspiegeln: Ein Haus in einstündiger Entfernung von München kostet mehr (4.974 Euro pro Quadratmeter) als ein vergleichbares im Zentrum von Berlin (4.721 Euro). Das ist außerdem annähernd das Vierfache des Kaufpreises im Umfeld von Leipzig (1.271 Euro) oder Dresden (1.348 Euro). Im Stadtzentrum von München muss man gar 8.824 Euro pro Quadratmeter einkalkulieren, in der zweitteuersten Stadt Stuttgart „nur“ 6.445 Euro, wohingegen die Mitte von Bremen mit lediglich 2.622 Euro zu Buche schlägt und damit sogar Dresden und Leipzig noch deutlich unterbietet.
In diesen Fällen lohnt sich das Pendeln.
Bleibt allerdings die sehr individuelle Frage, ob und wann sich Pendeln wirklich lohnt. Bei der Bezifferung der Fahrtkosten kann das 49-Euro-Ticket eine teils deutliche Senkung bewirken. Eine langfristige Planbarkeit ist allerdings nur bedingt möglich, da die Entwicklung des Ticketpreises von künftigen politischen Entscheidungen abhängt.
Neben kalkulierbaren Zahlen spielt aber auch der Stressfaktor auf der jeweiligen Strecke eine entscheidende Rolle. Wer zwar täglich zwei Stunden unterwegs ist, aber lediglich mit einem Minimum an Störfaktoren wie Stau, mehrfachem Umsteigen, Verspätungen oder lästiger Parkplatzsuche rechnen muss, hat bessere Chancen, sowohl bei der Arbeit als auch zuhause erholter und zufriedener anzukommen.
Sehr hilfreich ist es auch, wenn das Pendeln sinnvoll genutzt werden kann. Zeit mit der Familie lässt sich dadurch zwar leider nicht ersetzen, doch können Musik, ein gutes Buch oder Hörbuch, die Lieblingsserie auf dem Tablet oder auch eine Handarbeit die Reisezeit abwechslungsreich und stressfrei gestalten – wenn die äußeren Umstände es zulassen. Es ist auf jeden Fall sinnvoll, Schnäppchen hin oder her, sich vor einem möglichen Immobilienkauf im Umland die erforderliche Pendelstrecke näher anzusehen und auch selbst zu testen.
Quellen: immowelt.de, capital.de, postbank.de, wiwo.de, businessinsider.de, persona.de, fr.de