Ein Bündel Stroh unter dem Tisch, Rentierschlitten auf dem Dach, eine Münze unter jedem Teller – Christen in aller Welt feiern die Geburt Jesu auf ihre Weise. Die jeweiligen heimischen Bräuche zur Advents- und Weihnachtszeit muten zuweilen skurril an und zeigen, wie vielfältig das wichtigste Ereignis der Christenheit in anderen Ländern und Kulturen gefeiert wird.
Die ältesten Weihnachtstraditionen gibt es in Polen.
Ein Gang für jeden Apostel: Auf die ältesten Weihnachtstraditionen weltweit blickt man in Polen zurück. Der Heilige Abend steht symbolisch für das kommende Jahr und darum wird jeder Brauch sehr achtsam und mit Hingabe begangen. Bis zum Abendmahl ist Fasten angesagt, anders wären die zwölf (fleischlosen) Gerichte auch kaum zu bewältigen, die in traditionellen Haushalten dann auf den Tisch kommen – eins für jeden der zwölf Apostel und für jeden Monat des kommenden Jahres. Die festlich geschmückte Tafel weist mindestens ein zusätzliches Gedeck auf – für einen unerwarteten Gast und die Seelen der Verstorbenen (nach altem Brauch sind Nadel und Faden in Polen am Weihnachtstag tabu, versehentlich angenähte Seelen könnten sonst nicht mehr ins Jenseits zurückkehren.) Um sich im neuen Jahr vor Armut zu schützen, liegt unter jedem Teller eine Münze. Da Jesus nach seiner Geburt in einer Krippe im Stall lag, darf zudem ein Bündel Stroh unter dem Tisch nicht fehlen.
Das Böse zerschlagen: Seit dem 16. Jahrhundert werden bei vorweihnachtlichen Feiern (Las Posadas) in Lateinamerika bunte christliche Piñatas verwendet, Kugeln mit sieben kegelförmigen Spitzen, welche die sieben Todsünden bzw. das Böse symbolisieren. Wie alle Piñatas werden sie zerschlagen, das herabfallende Obst und die Süßigkeiten sollen den Feiernden Segen bringen. Der Schlagstock steht für die Kraft, die Gott den Menschen gibt, um das Böse zu bekämpfen, die verbundenen Augen sind Ausdruck des Glaubens. Außerhalb der Weihnachtszeit sind die Piñatas heute in Form von bunt gestalteten Figuren aus Pappmaché besonders in Mexiko und Mittelamerika eine beliebte Unterhaltung auf Kindergeburtstagen.
„Christmas Pickle“ in den USA.
Sauer macht glücklich: In den USA schmücken bereits ab Ende Oktober unzählige Lichterketten und leuchtende Dekorationen die Straßen, Einkaufszentren und natürlich auch die Häuser. Üppige Kränze, Girlanden, Schneeflocken und Eiszapfen verwandeln jeden Raum in eine buntschillernde Weihnachtswelt. Vor den reich illuminierten Häusern stehen leuchtende Plastikfiguren und auch der klassische Rentierschlitten ziert so manches Dach – sogar auf Regierungsgebäuden. Eine ganz besondere Zutat findet der aufmerksame Beobachter an den opulent behangenen amerikanischen Weihnachtsbäumen: eine saure Gurke, grün schillernd, aus Glas oder Kunststoff hergestellt. Das Kind, das als Erstes diese „Christmas Pickle“ oder „Good Luck Pickle“ (Glücksgurke) entdeckt, darf sich über ein weiteres Geschenk freuen.
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